30-mal fehlt das Happy End
Nur noch zwei Videotheken verleihen in Brandenburg Filme
Die Videotheken erleben schwierige Zeiten. „Videoland“ und „Video aktuell“ haben geschlossen. „Video Nord“ blickt verhalten in die Zukunft. Nur „World of Video“ sieht Chancen.
Der hellgraue Putz fällt von den Wänden. Das verstaubte Fenster ist zerkratzt. An der Vitrine sind in Gold die Buchstaben FACT gesprüht. Fakt ist: Das ist alles, was von „Videoland“, dem einst stadtbekannten Filmverleihhaus in der Luckenberger Straße zu sehen gibt. Fakt ist auch: Die Zahl der Videotheken in Brandenburg ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen. Sind die Anbieter von „Kino für zu Hause“ im Verschwinden begriffen? 30-mal haben Videotheken seit der Wende für kurz oder lang das Licht der Stadt erblickt, erzählt Wilfried Langer (65), der Inhaber von „Video Nord“ in der Brielower Straße. Geblieben sind nur noch seine Videothek und der Videoriese „World of Video“ am Tschirchdamm.
Wilfried Langer mischt seit über 20 Jahren im Verleih von Filmen und Spielen mit. Er gehört damit zu den am längsten in der Stadt Brandenburg arbeitenden Videothekaren. Auf rund 60 Quadratmetern bietet der „Video Nord“-Chef etwa 2000 Filme an.
Doch auch Langer muss feststellen, dass in seinem Laden bei Weitem nicht mehr so viele Filme ausgeliehen und gekauft werden wie etwa in den neunziger Jahren: „Damals haben die Leute bis draußen Schlange gestanden.“ Immerhin gehen noch so viele Filme über die Ladentheke, „dass ich davon leben kann“, berichtet der Inhaber.
Das Ende für Videotheken sieht Wilfried Langer in den nächsten drei bis fünf Jahren kommen. „Das Internet rückt vor“, begründet der Verleiher kurz und knapp seine Einschätzung und verweist auf die neuen Möglichkeiten, die Kinohits online schauen, ausleihen und kaufen zu können.
Der Gesellschafter von „World of Video“ in Brandenburg Johannes Schlupp sieht die Lage der Videotheken in der Havelstadt weniger pessimistisch. Es habe eine „Professionalisierung“ stattgefunden, infolge der sich „die Spreu vom Weizen trennte“, meint Schlupp. Dass bei der „Trennung“ die laienhaft geführten Videotheken aussortiert werden, sei doch klar.
Jüngstes Opfer des Videotheken-Schwundes ist „Video aktuell“ am „Double Decker“, dem roten Doppeldeckerbus in der Werner-Seelenbinder-Straße. Ein Werbeplakat an der Tür verrät seit November 2010: „Ausverkauf wegen Geschäftsauflösung“. Anfang des Jahres verlieh das Haus zum letzten Mal einen Film.
Am Monatsende wird „World of Video“ umziehen, bestätigt Ricky Schallnus (37), Mitarbeiter der Videothek. Aus der Kaufhalle am Tschirchdamm in das deutlich kleinere Quartier im „Sparhof“ an der Friedrich-Grasow-Straße. Dort unterhielt einst „Video aktuell“ ein Geschäft, ehe der Filmanbieter zum „Double Decker“ zog und pleite ging. Das bedeute aber nicht, dass sich das Sortiment der Ausleihware verringert, beteuert Johannes Schlupp. Im Gegenteil: „Wir spielen mit dem Gedanken, das Vakuum zu füllen, das ’Video aktuell’ hinterlässt. Eventuell mit einer Videothek in der Innenstadt.“
Die Luft ist jedenfalls dünner geworden. „Videoland“ und „Video aktuell“ sahen kein Happy End. Die Hoffnungen auf einen langfristigen Erfolg für „Video Nord“ sind beim Inhaber Wilfried Langer längst gestorben. Einzig „World of Video“ will sich als Platzhirsch etablieren und dem Konkurrenten „Internet“ im Kampf um die Gunst der Kunden stellen.
Dmitri Steiz, 30-mal fehlt das Happy End. Nur noch zwei Videotheken verleihen in Brandenburg Filme, in: Märkische Allgemeine. Zeitung für das Land Brandenburg, Brandenburger Stadtkurier, 9. Februar 2011, S. 15.